Schweinestall und Spiegelei

Martin Luther wird immer wieder mal zitiert mit der Aussage, man brauche für den Gottesdienst keinen Kirchenraum, sondern könne auch im Schweinestall Gottesdienst feiern.

An die Sache mit dem Saustall musste ich eben beim Frühstück denken, mit diesem Spiegelei auf meinem Teller. Es anschaute. Einmal, ein zweites Mal. Und mir aufging, welche Form es hatte.

Genau genommen redet Luther nicht vom Gottesdienst, sondern von der Bedeutung des Betens.

Er tut das in einem Zusammenhang, in dem er die Ausübung der religiösen Praxis – also: dass ich bete – stark macht gegen die äußeren Ausdrucksformen, die unsere Religion findet. Er meint: dass ich bete ist wichtiger als die Frage, wo ich es tue:

„Denn wo das Gebet darniederliegt, wird ihm [dem bösen Geist, JG] niemand etwas nehmen und widerstehn. Wo er aber gewahr würde, dass wir dieses Gebet wollten üben, wenn es gleich wäre unter einem Strohdach oder im Saustall, würde er [der böse Geist, JG] es fürwahr nicht lassen gehen, sondern sich weit mehr vor demselben Saustall fürchten denn vor den hohen, großen, schönen Kirchen, Türme, Glocken, die irgend sein mögen, wo solch Gebet nicht drinnen wäre.“
Martin Luther, Sermon von den guten Werken (1520), WA 6, 239, 4ff.

Ist vielleicht auch eine List des Heiligen Geistes, dass dein Spiegelei dich ans Beten erinnert.