Sieben Tage - Sieben Bücher (+1)

Sieben Tage – sieben Bücher: Das ist so eine „challenge“, früher hätte man gesagt, Kettenbrief, die offenbar gerade auf Facebook läuft. Sieben Tage lang soll man das Cover eines Buches posten, das einem besonders lieb und wichtig ist. Einfach nur den Umschlag, ohne Kommentar. Und mit jedem Post soll man eine weitere Person nominieren, die Bücher zu feiern, die wir lieben.
Eine tolle Aktion. Und eine ziemliche Aufgabe, die Unmengen an Büchern daraufhin durchzuflöhen, was in die allerengste Wahl kommt. Sieben Bücher sind ja nicht viel. Kriterien für die Auswahl gibt es ganz verschiedene. Welches sind die Bücher für die einsame Insel? Welche Bücher liebe ich, aber das sollten andere vielleicht gar nicht wissen? Welche Bücher haben mich so begeistert, dass ich mit Freunden drüber reden möchte? Und welche Bücher sind so privat, dass ich sie gar nicht teilen möchte?
Ich habe mich also ans Aussuchen gemacht. Irgendwie war schnell klar: Nur ein Cover posten bringts nicht. Ich möchte mit dem Cover auch meine Begeisterung teilen und jedenfalls kurz sagen, warum ich genau dieses Buch besonders mag. Das tue ich nicht auf Facebook, sondern hier im Blog.





Ein Auktionskatalog? Nein ein Roman in Form eines Auktionskatalogs! Leanne Shapton, Künstlerin und Schriftstellerin, erzählt darin die (komplett erfundene) Geschichte der Beziehung von Leonore und Harald, und zwar indem sie wie in einem Katalog gut 300 Fotos mit Beschreibungen präsentiert: alles private Gegenstände, die von der Beziehung der beiden übrig geblieben sind: Möbel, Schmuck, gemeinsam geklaute Salz- und Pfefferstreuer, ein ausgestopftes Eichhörnchen, Schlafanzüge, ein Scrabble-Spiel, zwei Pudelfiguren, ein Italien-Reiseführer, der Schirm eines Exfreunds, Briefe und Bücher usw. Die Geschichte entsteht beim Betrachten im Kopf des Lesers. Einfach großartig gemacht.





Die Art und Weise, wie Peter Kurzeck hier auf 1022 Seiten über ein einziges Wochenende im Herbst in den 1980er Jahren in Frankfurt schreibt, ist hinreißend. Man hört beim Erzählen zu. Kurzeck hat dafür eine geniale Form gefunden. Das ist nichts für Ungeduldige. Ich kann so etwas nicht immer lesen, aber ich lese gerne immer mal wieder drin. Um mich erinnern zu lassen: Geschichtenerzählen braucht einfach Zeit und Raum.





Calvin und Hobbes. Alle Comicstrips. Dazu gibt’s nix zu sagen. Einfach nur angucken und freuen.





Das liest sich spannender als jede Biographie finde ich. Und was Schöne über die europäische Briefkultur sagt, ist in Zeiten der E-Mail ein Stück Kulturgeschichte, die unaufgebbar zum „Kulturerbe-Jahr“ 2018 gehört. Von Albrecht Schöne sollte man übrigens auch die Siebzehn Reden über die Literatur gelesen haben („Vom Betreten des Rasens“), und darin ganz besonders den Beitrag über „Dichtung als verborgene Theologie“ – die Interpretation eines Gedichtes von Paul Celan, ursprünglich ein Vortrag anlässlich des Himmelfahrtstreffens im Kloster Bursfelde.





Ein Blick auf meine Bücherwand zeigt, dass ich ein Faible für norwegische Autoren haben muss. Ketil Bjørnstad, Tomas Espedal und Karl-Ove Knausgard stehen da ziemlich vollständig herum – und Jan Kjærstad! „Der Verführer“ ist der erste Teil der Jonas-Wergeland-Triologie. Jonas Wergeland kommt von einer Reise zurück und findet seine Frau ermordet vor. Im ersten Schock des Nichtwahrhabenwollens zieht sein Leben an ihm vorüber. Kindheit und Jugend, Studium, wilde Abenteuerreisen, erotische Erfahrungen, seine Ehe, die Karriere beim Fernsehen. „Groß denken“ heißt die Fernsehserie, die er produziert und präsentiert. Seine Leitfrage: „Was hält ein Leben zusammen?“





Morebath ist ein verschlafenes kleines Dorf in Devonshire, 25 Meilen nördlich von Exeter. Vierundfünfzig Jahre lang hat der dortige Pfarrer, Christopher Trychay, Aufzeichnungen über das Leben seiner Gemeinde gemacht. Eamon Duffy, der im Jahr 1992 ein kluges Buch über die Volksfrömmigkeit in England vor und während der Reformation geschrieben hat („The Stripping of the Altars“), hat diese einzigartige kirchengeschichtliche Quelle über die Zeit von 1520 bis 1574 in einer Darstellung erschlossen. Ein Mikrokosmos der Reformationsgeschichte. Man erfährt, was die religiösen Veränderungen für die von der mittelalterlichen Frömmigkeit der Menschen auch im Kleinen bedeutet haben. Was macht es mit einer Frau, die aus ihrem silbernen Ehering eine Votiv-Figur für die Kirche hat gießen lassen, wenn all das aus den Kirchen verbannt wird? – Verallgemeinernd hochrechnen darf man von solch einer Darstellung vermutlich nur sehr wenig. Aber als ergänzende Anschauung zu den Überblicksdarstellungen ist so ein Buch der Hit. Ob irgendwo in Deutschland oder Europa das Jahr 2017 etwas Vergleichbares hervorgebracht hat?






Historische Romane sind eigentlich überhaupt nicht meine Sache. Aber wie Lea Singer hier Naturbeobachtungen und eine Geschichte um Caspar David Friedrich und Goethe zusammenbringt, liest sich einfach klasse.





Viele, die ich kenne, haben bei diesem Projekt irgendwann auch die Bibel gepostet. Das Buch der Bücher. Ich möchte als achtes Buch mein eigenes nennen. Nicht aus Eitelkeit, sondern weil es einer meiner Versuche ist, mich mit der Bibel auseinanderzusetzen bzw. von ihr inspirieren zu lassen, und weil es mir beim Konzipieren richtig Freude gemacht hat. Und seit einigen Wochen gibts das sogar auf Niederländisch.