Max Reger beim Komponieren

Schon als Kind hat es mir Spaß gemacht, Menschen bei der Arbeit zuzusehen. Ob sich das Porträt von Max Reger (1873-1916), das Franz Nölken (1884-1918) gemalt hat, auch solcher Faszination verdankt oder eher ein Sujet bedient? Ich weiß es nicht. Ich staune nur, was man alles zu dem Bild wissen kann.

Es ist nach einer Fotografie entstanden, die Nölken in Kolberg (heute: Kołobrzeg) gemacht hat. Ein modernes, beliebtes Seebad damals. Er war dort zur Sommerfrische – ebenso wie Reger, dessen Frau von dort stammte. Nölken reiste in Gesellschaft von Käthe Bach-Lentz und ihrer Familie. Käthe war Regers Klavierschülerin. Reger badete viel in der (Ost-)See, machte lange Spaziergänge – und hat natürlich auch im Urlaub gearbeitet. „Zwölf Chöre aus dem Volksliederbuch“ und „Neun Stücke für Orgel“ schrieb er und schloss die Arbeit an der Balletsuite op. 130 ab.

Nölken hatte offenbar hinreichend Gelegenheit ihm beim Komponieren zuzusehen. Und Reger anscheinend keine Scheu vor einem Schnappschuss. Allerhand Skizzen und fünf Ölgemälde entstanden aus dieser Begegnung im Sommer 1913 vor dem großen Krieg. Reger war damals 40 Jahre alt und Hofkapellmeister in Meiningen, Nölken 29 und Kunstlehrer in Hamburg. Ich mag dieses luftige Portrait. Und ich finde es immer wieder faszinierend, dass Musik am Schreibtisch entsteht.