Mir ist der Name Hans Henny Jahnn erst kürzlich begegnet. In einer Buchhandlung fiel mir sein Monumentalwerk „Fluss ohne Ufer“ in die Hände. Eine Romantrilogie von über 2000 Seiten, über ein Schiff mit einer geheimen, möglicherweise todbringenden Fracht, und einen blinden Passagier: den Komponisten Gustav Anias Horn. „Ein kolossaler Roman, der eine Erkundung der Welt, der Natur, des Daseins und der Sprache ist,“ wirbt der Klappentext. Ein Roman, der – wie die Kritiken zeigen – seine Leserschaft polarisiert in Verehrer und Abgestoßene.
Ob ich mich auf dieses Leseabenteuer einlasse, weiß ich noch nicht. Aber ich bin auf den Autor neugierig geworden und habe allerhand entdeckt: Jahnn war Sohn eines Schiffbauers und gelernter Orgelbauer. Er hat Phänomene der Tonbildung untersucht und den Orgelbau im Sinne harmonikaler Gesetzmäßigkeiten weiterentwickelt. Bei fast 100 Orgelprojekten wirkte er als Berater, Planer und Konstrukteur mit, unter anderem bei der Restaurierung der Scherer-/Schnitger-Orgel in St. Jacobi oder beim Orgelbau für die Heinrich-Hertz-Schule in Hamburg.
Außerdem gründete Jahnn eine Künstlergemeinschaft und war Musikverleger. Sechzehn Jahre lang lebte er auf Bornholm. Er war Pazifist und hat sich politisch engagiert. Ein streitbarer und umstrittener Zeitgenosse. Ein Multitalent. Einer, dessen Namen man als Orgelliebhaber einmal gehört haben sollte.